Regeneration an der Cote d `Azur |
16. Paris-Brest-Paris (PBP) 2007 (20-24.08.2007) Der "älteste Radklassiker" der Welt (seit 1891) findet alle 4 Jahre statt und möchte ausdrücklich kein Radrennen sein! Man bewegt sich auf öffentlichen, nicht abgesperrten Strassen. Aber durch die Radsportbegeisterung und Bekanntheit dieses Langstrecken-Brevets in Frankreich wird allseits auf die Radfahrer geachtet. Lausig aber wunderschön sind die Landstrassen - ein Gerüttel und Gepoltere, scheinbar ohne Ende. Probleme gibts mit den vielen Glasscherben auf dem Weg, da sind die Franzosen etwas eigenwillig: Ein Schild mit "Vorsicht Glasscherben" ersetzt den Besen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Teilnehmer / Nationen: : 5312 / 42 Frauenanteil: 6.6 % Alter: 48.7 Jahre |
Fahrzeuge: 5054 Rennräder 102* Liegeräder 65* Tandems 21 MTB / ATB 11* Dreiräder 1* Triplet | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Frankreich : 2298 USA: 606 Deutschland: 387 Italien: 349 Canada: 116 Japan: 112 Brasilien: 11 Costa Rica: 2 | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Ausfallquote: Rennrad: 32% Spezialräder (*) 36% Damen: 41% Herren: 31.5% | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Teilnehmen darf jeder, sofern er die Qualifikationsbrevets über 200, 300, 400 und 600km im gleichen Jahr wie PBP bestanden hat und ein ärztliches Zeugnis zur Langstreckentauglichkeit vorlegen kann. Mein Liegerad (Fujin SL1) habe ich bedingt durch die Erfahrungen bei den Qualifikationen im Vorfeld nochmals modifiziert. So wurde die Carbon-Vorderradgabel durch eine Stahlgabel (Flux S-Comp) ersetzt, die Reifenbreite konnte noch angehoben werden (VR/HR: Schwalbe Marathon Slick 35-406/559). Ein leichter Edelstahl- Gepäckträger samt einer aerodynamisch günstigeren wasserdichten Packtasche rundeten die PBP-Tauglichkeit ab. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Startschuß 21:00 - für Spezialräder. Die schnellen Rennradler (80h-Gruppe) 1h vor uns, die anderen (90h-Gruppe) in 6 Gruppen a 500 Radlern 30min hinter uns. In der Startzone erste Regentropfen - naja! Die ersten 15km durch die westlichen Vororte mit vorausfahrendem Begleitfahrzeug und franz. Folklore. Ein Überholen würde mich 1h Zeitstrafe kosten. Am Anfang erscheint dies sehr viel Zeit, am Ende ist es doch nur ein Tropfen auf den heissen Stein - das Zeitgefühl geht verloren. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die schnellen Holländer (Ymte&Hans) in Ihren Velomobilen ziehen nach 15km auf und davon, ich mache eine schnelle Liegeradgruppe auf. Zu fünft rasen wir durch die Dunkelheit - ein Hinweisschild zur Route haben wir seit vielen Kilometern nicht mehr gesehen - oh weh! Ein entgegenkommender Krad-Fahrer klärt uns auf und führt uns über Nebenstrassen zur offiziellen Route. Tausende von Rennradlern - wo kommen die her? Erster Kontakt und die Frage nach deren Kilometerstand: 27. Ach du Sch..., wir sind schon bei km 47! Da hilft nur eines: Drücken, drücken ..., mit einem 34er Schnitt versuche ich Boden gutzumachen, aber 2 Plattfüsse bei Nacht und Regen fordern alles. Ich möchte unbedingt nach vorne, denn mit sovielen Radlern in einem Pulk gibt es an den Kontrollen nur Chaos. Nach Stunden des Pedalierens im Regen überholte ich dann auch die ersten roten (oder waren die schwarz?) Startnummern (aus der 80h-Gruppe). Mit mir gings wieder bergauf, ich war wieder dabei - es lief. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die letzte Etappe von Carhaix nach Brest in der 2.Nacht war dann auch ein Highlight. Sternenklarer Himmel, trocken und kurzweilige Begleitung - Pete ein Liegeradler aus Australien. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Morgens gegen 06:00 kamen wir in Brest an und verloren uns aus den Augen. Ich gönnte mir 1h Schlaf, nachdem der Schlafversuch in Carhaix, 89 km zuvor, misslang (durchnässt im kühlen Schlafsaal...gezittert wie Espenlaub) | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
2 Nächte / 1Tag: Nach 33h auf dem Rad könnte ... ... etwas Schlaf guttun. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die erste Rückweg-Etappe morgens bei strahlendem Sonnenschein, ein wahrer Genuß und tausende Radler kamen mir entgegen. Doch schon in Carhaix schlug das Wetter wieder um - Regenjacke heraus..., so ging es dann auch in die Nacht hinein. 3. Nacht / 02:00 Uhr / 932km / heftiger Regen. Ich komme total durchnässt an der Kontrolle in Fougeres an. Mir ist lausig kalt, im Speisesaal kühl, wir sind alle nass... Ich habe Appetit auf Hähnchen und Pommes, aber der Gummiadler liegt wohl genauso lange in seiner Soße wie ich auf dem Lieger - gegessen wird trotzdem. Am Tisch eine Stunde im Sitzen geschlafen, warm und wohl fühlen ist etwas anderes. Man träumt vom riesigen Heißluftföhn, nur eine halbe Stunde oder vielleicht doch nur ein Wäschetrockner... Dann wieder raus in die regnerische Nacht (04:00) und zwischen Fougeres und Villaines kam dann der Tiefpunkt der Reise. Reisegeschwindigkeit kaum über 22 km/h, das lief vielleicht zäh! So habe ich mich die folgenden 88km mühsam durchgeschoben und dann in Villaines alte Bekannte aus Osterdorf getroffen. Gemeinsames Frühstück mit Tee und Unmengen von süssem Gebäck - ich war wieder da. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Die letzten 225km haben dann doch noch den Spaß zurückgebracht, etwas Sonne, etwas Regen - perfekt - es lief gut, ich war wieder in guter Verfassung. Da träumte ich auch schon wieder von einer Endzeit unter 70h... Die 70:00h (meine Endzeit) habe ich dann auch genau eingehalten, da half alles Drücken und Ziehen auf den letzten Kilometern bei strömenden Regen durch die Vororte von Paris nichts mehr, unter 70h sollte ich nicht nicht kommen. Vor allem die "rote Welle" der franz. Ampeln hat noch einige Zeit gekostet - aber wie eingangs gesagt, was ist schon Zeit. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
War nun PBP schön? Im Regen (ca. 900km) wars nur ein Abhaken von Etappen (das braucht man nicht wirklich), bei Sonne ein Genuß. Die vielen Menschen am Strassenrand, bei Tag oder Nacht, bei Sonne oder Regen, die Kinder, die mit uns Abklatschen spielten, das war schon sehr beeindruckend und das möchte ich sicher nochmals erleben! | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Karl Weimann vom ARA Nordbayern hatte vor kurzem mal gesagt, die einen fahren 1200km und die anderen Paris-Brest-Paris. Wo liegt da der Unterschied wird man sich fragen. Nun die einen lassen sich an den Kontrollen von ihrer Begleitmannschaft rundum versorgen, die anderen geniessen PBP in vollen Zügen mit allen Vor- und Nachteilen. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Das hat was - oder wer möchte etwa eine Radreise mit Gepäckfahrzeug unternehmen? | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Letztendlich gehts doch nur darum, seine Ziele zu verwirklichen. Nicht Morgen, nicht Übermorgen, sondern hier und jetzt, mit Anstand und Würde. | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Harald Meckelburg | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||